Zwangsarbeit im Rhein - Neckar - Raum. Ein Projekt an der IGMH

             


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Tagebuch Andersen 2

 

Hubert Andersen, 
Tagebuch Teil 2

Dezember 1944

 

Aus Deutschland mit nach Hause gebrachter "Lohn", von Herr Andersen aufbewahrt.

Freitag 1.Dezember
Der Tag verläuft ähnlich - abends geht man zur Arbeit - aber dann Alarm - um 6.30 Uhr morgens hört für uns die Nachtarbeit auf - welche Freude -
Samstag
Der Tag ist nur eine Wiederholung.
Alarm um Mittag nach der Suppe, abends um 9 Uhr holt man uns zur Arbeit. Wir arbeiten die ganze Nacht.
Sonntag
Wir ruhen den ganzen Morgen aus, nach der Mittagssuppe gehen wir zu einem Fußballspiel St.Dié - Rheinau. Dann kehren wir heim zur Arbeit um 6 Uhr, die aber nicht stattfindet. Gute Nacht!
Montag 4.Dezember
Morgens ruhen wir uns aus und  machen unsere Arbeiten - Wäsche - dann essen wir- danach ein Alarm von zwei Stunden. wir basteln herum den Rest des Nachmittags, dann begeben wir uns nach der Suppe zur Arbeit, die sich wegen eines Alarms nicht lange hinzieht, welchem ein Bombenangriff auf die Umgebung folgt und ein Stromausfall. Sehr zufrieden gehen wir ins Bett zurück.
Dienstag 5.Dez
Wir beginnen mit einem faulen Vormittag  - dann gehen wir zum Gemüseputzen, und wir basteln herum auf unserer Bude - die Flugzeuge dröhnen darüber hin und belästigen ununterbrochen. - Wir essen zu Mittag, dann spielen wir ein Bridge, wir machen Flickarbeiten   - dann nach der Suppe gehen wir zur Arbeit. 1. Lohn - 6 Mark für 2 Wochen.
Ein "Voralarm" kommt, dann Leuchten durch die Fensterscheiben, "Raus!" und da ist das 1.Bombardement - Panik - alles zittert - Ansturm auf den "Bunker" und bald ist es vorbei, die Elektrizität kommt nach einer Stunde wieder, und die Arbeit beginnt wieder, als ob nichts gewesen wäre.
Mittwoch 6.Dezember
Müde bleiben wir bis zur Suppe zu Mittag im Bett. Danach legen wir uns wieder hin, dann kündigt uns ein Parteimann an, dass wir erst am nächsten Tag morgens arbeiten werden. Große Freude - ich flicke die Schuhe, und bald gehen wir zu Bett.
Donnerstag 7.Dezember
Morgens  schleppt man uns in der Fabrik mit, ohne zu wissen, man mit uns anfangen soll. Am Nachmittag lässt man uns ein Bassin im Regen demontieren. Welch schlechte Arbeit!. Wir sind froh, ins Lager zurückkehren zu dürfen. Wir essen, wir spielen ein schönes Bridge, dann gehen wir schlafen. Die Nächte verlaufen nicht immer gut, wir haben Läuse und Flöhe.
Freitag 8.Dezember
Ein Monat, dass wir von zu Hause weg sind. Wir verbringen den Tag bei unserer neuen Arbeit. Zu Mittag eine gute Suppe. Abends nach der Arbeit gehen, wir um uns zu duschen. Sehr zufrieden begeben wir uns in unsere Stube. Die üblichen Gedanken an die Familie. (Gute Suppe aus Resten). Ich repariere die Schuhe und gehe schlafen.
Samstag 9.Dezember
Arbeit bis Mittag, dann Alarm, Suppe essen gehen und man bastelt  auf der Bude herum bis zur Abendsuppe, die erst sehr spät kommt, dann gehen wir schlafen.
Sonntag 10.Dezember
Wir gehen zur Messe um 7 Uhr, dann legen wir uns wieder hin, und erst ein Alarm zwingt uns am Morgen rauszugehen. Die Suppe kommt sehr spät, und ich gehe weg, um Roger [Erb] zu besuchen, dann zu Herrn Viriot - Treffen mit den Bauern von Villé . -
Dann Treffen mit dem Gegene [= Eugène Heinrich], der mich eingeladen hat ihn zu besuchen. Ich esse ein "Stamm" und kehre in die Bude zurück, wir gehen schlafen.
Montag 11.Dezember
Beim Aufwachen ist der Boden von Schnee gepudert. Wir gehen zur Arbeit, die wegen des Wetters mühselig ist, um 11 Uhr überrascht uns ein Alarm, wir rennen zum Bunker, dann beginnt das Bombardement, das auch die Fabrik trifft. die Bomben fallen neben dem Luftschutzraum " etwa 10 m von mit. Wir haben uns im Luftschutzraum nicht mehr gesehen. Wir essen, nehmen die Arbeit wieder auf. Abends gehen wir ins Bahnhofrestaurant, essen zwei Stamm und trinken Wein. Danach verbringen wir eine gute Nacht.
Dienstag 12 Dezember
Der Tag ist weniger kalt. Es lässt sich gut arbeiten. Ein zweieinhalbstündiger Alarm bis 11 Uhr, wir warten dann auf die Suppe bis vier Uhr, dann verlassen wir die Arbeit, wir essen und gehen schlafen.
Mittwoch 13.Dezember
Immer dasselbe - man isst zu Mittag eine Suppe aus ungeschälten Kartoffeln. Die Arbeit geht ganz langsam voran, wir haben den "Meister" gewechselt, wir haben jetzt einen alten Mann von 58 Jahren. Wir haben nicht mehr viel Kraft. - Wir essen, unterhalten uns ein wenig mit dem dicken Franz, "Didi" [René Welsch *1.10.12] und Co - dann gehen wir schlafen
Donnerstag 14.Dezember
Die Woche schreitet voran, wie der Monat.











Leider ist über dieses Spiel  sonst nichts bekannt.
































 



Villé ist ein Weiler etwas nördlich von Saint-Dié. Alle Bauern von dort waren zusammen in einem Raum der Pestalozzi-Schule untergebracht.
Gégène = Eugène Heinrich, Verwandter von H.Andersen, der bei Bopp & Reuther auf dem Waldhof arbeiten musste.


Notizzettel, auf dem sich Hubert Andersen die Adressen von Eugène Heinrich und Robert Erb aufgeschrieben hatte.

Freitag 15.Dezember
Der Tag ist schön, und es ist nicht sehr kalt. Normaler Verlauf des Tages. Abends Bombardement auf Ludwigshafen
Samstag 16.Dezember
Ich gehe nicht zur Arbeit (mit Erlaubnis ). Am Nachmittag besuche ich Heinrich nach dem Alarm, er lädt mich ein am nächsten Tag zum Mittagessen zu kommen.
Sonntag 17.Dezember
Nach der Messe gehe ich Roger Erb besuchen. Dann gehe ich zum Essen nach Waldhof und komme zurück zum Appell um 1 Uhr, und ich gehe wieder weg um 2 Uhr mit Roger, Spaziergang, und dann am Abend gehen wir ein "Stamm" essen, da ein Alarm, wir essen und gehen schlafen.
Montag 18.Dezember
Die Arbeit beginnt wie üblich, man  kann allmählich das Ende absehen, ein Alarm unterbricht unseren Nachmittag. Der Abend vergeht wie gewöhnlich.
Dienstag 19.Dezember
Immer die gleiche Sache und der Alarm am Nachmittag, die Bude wird desinfiziert.
Mittwoch 20.Dezember
Weihnachten rückt heran, ein Monat meines 18.Lebensjahrs vergangen. Unsere Arbeit am Bassin ist beendet. Abends setzt sich unser Essen aus einer Suppe und dann Kartoffeln zusammen, aus denen wir sogar einen Salat machen.
Abends großer Bombenangriff, in der Bude - dann Schlafengehen
Donnerstag 21.Dezember
Wir beenden die Reinigung des Bassins, dann leert man es - wir bleiben zu viert um das Feuer, von Mittag bis zum Abend
Freitag 22.Dezember
Der Tag verläuft wieder ähnlich. Wir bekommen unsere ersten Zigaretten (50)
Samstag 23.Dezember
Wir beenden die Woche, und ein Alarm zu Mittag wie gewöhnlich verspätet die Suppe - am Nachmittag bastle ich,  besohle meine "Holzschuhe" neu, dann ein neuer Alarm, danach gehe ich zur Beichte, wir essen die Suppe und gehen schlafen.
Sonntag 24.Dezember
Ich gehe in die Siebenuhr-Messe, danach Frühstück und darauf besuche ich Roger Erb, dann begebe ich mich auf Einladung nach Waldhof zum Mittagessen. - Man spielt auf der Mundharmonika, dann essen wir. Menü: Suppe, Rinderbraten, Bratkartoffeln und  Kuchen mit Kaffee. Dann entführt uns ein großer Alarm auf vier Stunden, danach ein kleines Musikstück und ich fahre zurück zum Lager für diesen Weihnachtsabend. Es gibt an diesem Abend keine Suppe, sondern wir bekommen um 9 Uhr  1 kg Brioche, ein Viertel Glühwein und Milchpudding. Dann organisieren wir mir den Kollegen eine kleine Mahlzeit: Brot mit Heidelbeerkompott, kleine Weißbrote - Glühwein - ein bisschen Bier - Brioche mit Sardinen und einige kleine Brioches.
Der Abend verläuft fröhlich, Lieder, Spiele usw., Mitternacht ging vorbei (Weihnachtslieder), dann unterhielten wir uns bis 2 Uhr und gingen dann schlafen.

Teil der Weihnachtszulage: eine Käseecke

 

 

Montag 25.Dezember
Um halb sieben wollte ich zur Messe gehen, aber ich bin nicht aufgewacht. Ich gehe um acht, ich nehme am Abendmahl teil. ich frühstück mit den Resten des Weißbrotes. Dann gehe ich Roger besuchen. Wir diskutieren, dann gehen wir in die Messe der Franzosen um 11 Uhr. Um Mittag gehen wir in den Luftschutzkeller, um 1 Uhr essen wir zwei "Stamm" im Restaurant. Anschließend gehen wir spazieren bis zur Einmündung des Neckars in den Rhein. Wir gehen noch ein "Stamm" essen , dann kehren wir ins Lager zurück. Wir bereiten einen fröhlichen Abend des 25.Dezembers vor mit Liedern, das Abendessen mit Tee, und wir unterhalten uns bis Mitternacht.
Dienstag 26.Dezember
Um acht Uhr aufstehen. Dann machen wir Wäsche - dann Alarm, wir essen um 1 Uhr. wir verbringen den Nachmittag in der Bude, indem wir den Silvesterabend vorbereiten. Wir essen unseren Abendimbiss , denn es gibt keine Suppe. Ich mache eine Zeichnung, die ich an der Tür befestige, was den "Verschütz" [deutscher Wachmann] am Abend amüsiert. Ich arbeite auch an meinem Liederheft, dann nach einigen Diskussionen gehen wir schlafen.
Die Lanzkapelle
 nahe der Diesterwegschule, wo wohl  die Messen und Gottesdienste besucht werden konnten.

 

Mittwoch, 27.Dezember
Wir geben die Brühe aus, die Arbeit beginnt wieder, am Bassin - ohne Meister. Es ist sehr kalt seit einigen Tagen, es herrscht Frost um 10 Grad minus und mehr, das Bassin ist gefroren, und man rutscht aus. Das erinnert an die schönen Ausflüge in den Schnee - noch ein Alarm um Mittag. Suppe um 1 Uhr - wir kehren in die Bude zurück - Glückwünsche zum Namenstag Hl.Johannes, essen die Suppe, dann einen Kuchen und gehen einen Halben trinken bei Emma - kehren heim - und man redet über die Heimkehr, dann Schlafengehen
Donnerstag 28.Dezember
Aufstehen um 6 Uhr - sehr kurzer Alarm. wir gehen erst um 8 Uhr zur Arbeit, weil kein "Meister" da ist - wir wärmen uns, wir schlittern bis zur Suppe. Nach der Suppe gibt es einen Alarm, dann bleiben wir zu dritt, beenden den Nachmittag in der Nähe des Feuers. Danach gehen wir in die Stadt, es schneit - dann kehren wir heim wegen Suppe und Imbiss - am Abend gibt es noch einen Alarm
Freitag 29.Dezember 44
Man verkündet uns, dass wir nicht zur Arbeit gehen, sondern das Recht haben wegzugehen - man soll nichts darüber sagen,  wir essen zu Mittag, dann gehen diejenigen zur Arbeit, welche den Befehl haben, wir gehen nicht hin - immer noch kein "Meister" da. Suppe, dann Alarm und Bombenangriff auf Neckarau
Samstag 30.Dezember
Wir gehen immer noch nicht zur Arbeit. Morgens  putzen wir das Gemüse und lesen die Linsen für Montag, wir essen, dann haben wir einen Alarm bis um 2 Uhr, dann gehen wir fort um ein "Stammessen" zu suchen. Der Frost ist sehr stark - wir kehren heim in die Bude, wir haben nicht einmal mehr Suppe geholt.
Sonntag 31.Dezember 44
Letzter Tag des Jahres - Ich gehe um sieben Uhr zur Messe - Gebete für die Familie und Kommunion - dann trinke ich Kaffee und bereite mich auf den Besuch von Roger Erb vor, er kommt, um mich zu sehen. Anschließend begebe ich mich nach Waldhof, wo wir im Restaurant essen nach einem kleinen Alarm - dann essen wir Kuchen und trinken den Saft, man verbringt einen ruhigen Nachmittag zusammen. 

Dann steigen wir zusammen in der Amicale ab, wo es einen Chansonvortrag gibt, dann wünschen wir Gégène  [=Eugène Heinrich] ein gutes Neues Jahr, der uns für den folgenden Sonntag einlädt. Danach gehen wir zwei 'Stamms' essen bei Theodor, die von zwei Bombardements auf Mannheim ohne Alarmwarnung unterbrochen werden. 

So geschieht es, dass wir um halb zehn im 'Lager' ankommen, wo ich einen Rest meiner Suppe vom Mittag esse. Kartoffelpastete, dann singen wir und amüsieren uns bis um 3 Uhr morgens. Um Mitternacht wünschen wir uns ein gutes Neues Jahr und grölen in den Fluren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

"Bei Theodor" '= damit muss eine Gaststätte wahrscheinlich auf dem Lindenhof gemeint sein.