Zwangsarbeit im Rhein - Neckar - Raum.  Ein Projekt an der IGMH

     


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Heidelberg-Haarlaß

 


Gilbert Hellé


Geboren in Merviller 1924
Beruf: Landwirt




Lager Haarlaß, Heidelberg

 

 

Die Deportation
Wir wurden mit Gewalt und unangekündigt zusammengetrieben von den Deutschen. Sie haben alle Männer des Dorfes Merviller versammelt und einen großen Teil fortgetrieben. Ich erinnere mich nicht mehr an die  Altersbegrenzung. Ich war 20 Jahre alt:  gerade als ich in Deutschland ankam, wurde ich 20 Jahre alt.
Sie hatten Angst, dass viele Männer zu Organisationen des Widerstands gehen würden. Also haben sie alle Männer zusammengetrieben. Und wir sind dann zu Fuß nach Hemingen abmarschiert. Und dort haben sie uns in den  Zug verladen.
F: Waren das Soldaten?
Ja, deutsche Soldaten. Sie waren mit Maschinenpistolen bewaffnet. Von einem Augenblick zum anderen mussten wir fortgehen.
F: Und was haben sie gesagt?
Wir müssen sofort aufbrechen. Natürlich haben sie nicht gesagt, dass es nach Deutschland ginge.


Ankunft in Heidelberg

F: Und wie war die Ankunft in Heidelberg?
Wir waren nicht schlecht angesehen.
Ich benutzte einen Trick, denn ich sagte, dass ich meinen Ausweis verloren hatte. Aber ich hatte meinen Ausweis in der Tasche.
Gut und dann, nach den Formalitäten, gab es nur noch diese Zivilisten. Das war in der Universität von Heidelberg.

Zwangsarbeiter-Quartier im Westflügel des Marstallhofs

 

Sie fragten, wohin man zum Arbeiten gehen wollte. Es gab welche, die in die Fabriken gingen, das waren die unglückseligsten. Und dann uns, wir waren im Wald. Und andere, die zu den Bauern kamen. Ich selber bin Bauer, ich habe gesagt, dass ich bei Bauern arbeiten wollte, weil man dort genug zu essen bekommen würde...

Sonst wären wir abgehauen...
Ich behaupte, dass fliehen anfangs einfach war, aber später war es damit vorbei. Die Amerikaner haben geschossen, um den Rückzug abzuschneiden, um unseren Abmarsch zu verhindern. Es gab einige, die sich gerettet haben, einige Zivilisten...
Und dann [in Deutschland] haben sie den Zug gestoppt, weil Fliegeralarm war, mitten auf der Rheinbrücke, da war uns nicht mehr zum Spaßen zu Mute. Schüsse..., die Flugzeuge flogen über uns weg.
Sicher ist auch, dass wir für ein Konzentrationslager bestimmt waren, aber wir sind angehalten worden durch die Bombardements, versteht ihr!


Das Lager: Ein Pferdestall beim Hotel Haarlass

(siehe auch Tagebuch Vouaux)
Ich kam zur Waldarbeit in ein Kommando Ich war bei Ziegelhausen...
Vor vierzehn Tagen war ich zum ersten Mal in Heidelberg, um unser Lager zu besuchen, aber ich habe es nicht gefunden.
Es war ein Restaurant mit Namen „Haarlass“ , ich habe es nicht gefunden.

Wir waren dort in einem Pferdestall einquartiert. 

 

Also das war es kalt, es gab keine Heizung. Und das war ein heftiger Winter, damals, ein sehr heftiger Winter. Keine Heizung! Wir waren da neben dem Neckar und der Straße längs des Neckars. Also da war es schon kalt!
Ja, wir haben da in einem Stall gewohnt, wir waren 27. Zum Essen gingen wir ins Hotel. 

Unser Chef damals hieß „Spier“ oder so ein ähnlicher Name. Aber er hat uns nicht misshandelt, er war normal.

Waldarbeit für das Staatliche Forstamt

Bei der Arbeit hatten wir einen alten Forstgehilfen, der schon etwa 70 Jahre alte war, aber noch in voller Gesundheit stand. 

[= Ernst Hug, ein Hilfswaldhüter]
Aber wenn er uns kommandierte, tat es nicht auf böse Weise. Nein, er ging nicht böse mit uns um. Es war sogar so, dass er ganz zufrieden war, wenn er sah, dass die Flugzeuge die Eisenbahnlinie angriffen. Er sagte: „ Das sind die Allierten!“. Er war ganz zufrieden, wenn er die Flugzeuge sah...
Ich glaube nicht, dass wir für die Stadt gearbeitet haben, es war für den Staat. Das waren Forstbeamte, die Forstverwaltung...
Wir haben immer im Wald gearbeitet, vom November bis zum April.
Ich hatte einen Unfall beim Baumfällen. Da war ein großer Zweig und dann habe ich den Zweig unter dem Baum abgesägt, dabei hat sich der Baum gedreht und ein Zweig hat mich am Rücken getroffen. Ich hatte auf dem Rücken eine Prellung.
Beim Arzt haben sie mich ganz gut empfangen, ich wurde geröntgt zusammen mit zivilen Deutschen. Ich hatte einen Arzt wie die Deutschen, das war die allgemeine Röntgenabteilung. Ich wurde geröntgt, der Arzt hat mich angesehen, und er hat zu mir gesagt: Sie müssen weiterarbeiten. Sie müssen arbeiten.

 

Und es war kalt... Der Neckar war zugefroren. Manche haben ihn zu Fuß überquert. Aber ich habe ihn nicht überquert, denn ich habe dem Eis nicht getraut.

 

 

 

 

 


Wir konnten da im Wald  keine Feuer machen. Das, worunter wir am meisten gelitten haben, das war die Kälte.
Wir haben nie Kleider bekommen, nichts. Keine Handschuhe. Wir hatten immer eiskalte Hände.
Aber wir arbeiteten nicht viel. Die Deutschen wollten es: man sollte immer arbeiten, immer. Man durfte nie die Hände in die Taschen stecken. Ihr Prinzip war: Man musste immer arbeiten. Sie verlangten, dass man so viel wie möglich arbeitete, dass man ununterbrochen arbeitete. Aber ich habe trotzdem nicht viel gearbeitet.

 

Ehemaliges Hotel Haarlass, direkt am Neckar

 

Andere Zwangsarbeiter

Aber aufs Ganze gesehen waren wir nicht schlecht dran. Die Franzosen waren bei den Deutschen gut angesehen, besser als die Russen oder die Polen und alle die Leute aus dem Osten, die waren schlecht dran. Mitten bei Luftalarm waren sie draußen. Denn die Eisenbahnlinien wurden immer bombardiert, sie mussten aufrecht gehen und gehen, um die Schienen zu reparieren während die Flugzeuge kamen, während wir in Deckung gehen konnten. - - -

Am Kriegsende

Wir haben sogar die Gewehre in den Baracken versteckt, ihr seht, dass sie Vertrauen in uns hatten. Wir waren keine Halunken, wir waren wie ihr..
Wir haben also die Gewehre versteckt, Jagdgewehre, die Gewehre der Förster haben wir in der Jägerbaracke unter dem Fußboden versteckt, damit die Amerikaner sie nicht bekamen. Sie hatten also schon ziemlich Vertrauen in uns.