Die Deportation
Wir wurden mit Gewalt und unangekündigt zusammengetrieben von den
Deutschen. Sie haben alle Männer des Dorfes Merviller versammelt und einen
großen Teil fortgetrieben.
Ich erinnere mich nicht mehr an die Altersbegrenzung. Ich war 20 Jahre
alt: gerade als ich in Deutschland ankam, wurde ich 20 Jahre alt.
Sie hatten Angst, dass viele Männer zu Organisationen des Widerstands
gehen würden. Also haben sie alle Männer zusammengetrieben. Und wir sind
dann zu Fuß nach Hemingen abmarschiert. Und dort haben sie uns in
den Zug verladen.
F: Waren das Soldaten?
Ja, deutsche Soldaten. Sie waren mit Maschinenpistolen bewaffnet. Von
einem Augenblick zum anderen mussten wir fortgehen.
F: Und was haben sie gesagt?
Wir müssen sofort aufbrechen. Natürlich haben sie nicht
gesagt, dass es nach Deutschland ginge.
Ankunft in Heidelberg
F: Und wie war die Ankunft in Heidelberg?
Wir waren nicht schlecht angesehen.
Ich benutzte einen Trick, denn ich sagte, dass ich meinen Ausweis
verloren hatte. Aber ich hatte meinen Ausweis in der Tasche.
Gut und dann, nach den Formalitäten, gab es nur noch diese
Zivilisten. Das war in der Universität von Heidelberg.
Zwangsarbeiter-Quartier
im Westflügel des Marstallhofs
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Sie fragten, wohin man zum Arbeiten gehen wollte. Es gab welche, die in
die Fabriken gingen, das waren die unglückseligsten. Und dann uns,
wir waren im Wald. Und andere, die zu den Bauern kamen. Ich selber bin
Bauer, ich habe gesagt, dass ich bei Bauern arbeiten wollte, weil man
dort genug zu essen bekommen würde...
Sonst wären wir abgehauen...
Ich behaupte, dass fliehen anfangs einfach war, aber später war es
damit vorbei. Die Amerikaner haben geschossen, um den Rückzug
abzuschneiden, um unseren Abmarsch zu verhindern. Es gab einige, die
sich gerettet haben, einige Zivilisten...
Und dann [in Deutschland] haben sie den Zug gestoppt, weil Fliegeralarm
war, mitten auf der Rheinbrücke, da war uns nicht mehr zum
Spaßen zu Mute. Schüsse..., die Flugzeuge flogen über
uns weg.
Sicher ist auch, dass wir für ein Konzentrationslager bestimmt
waren, aber wir sind angehalten worden durch die Bombardements,
versteht ihr!
Das Lager: Ein Pferdestall beim Hotel Haarlass
(siehe auch Tagebuch Vouaux)
Ich kam zur Waldarbeit in ein Kommando Ich war bei Ziegelhausen...
Vor vierzehn Tagen war ich zum ersten Mal in Heidelberg, um unser Lager
zu besuchen, aber ich habe es nicht gefunden.
Es war ein Restaurant mit Namen „Haarlass“ , ich habe es nicht
gefunden.
Wir waren dort in einem Pferdestall einquartiert.
Also das war es kalt,
es gab keine Heizung. Und das war ein heftiger Winter, damals, ein sehr
heftiger Winter. Keine Heizung! Wir waren da neben dem Neckar und der
Straße längs des Neckars. Also da war es schon kalt!
Ja, wir haben da in einem Stall gewohnt, wir waren 27. Zum Essen gingen
wir ins Hotel.
Unser Chef damals hieß „Spier“ oder so ein
ähnlicher Name. Aber er hat uns nicht misshandelt, er war normal.
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Waldarbeit
für das Staatliche Forstamt
Bei der Arbeit hatten wir einen alten Forstgehilfen, der schon etwa 70
Jahre alte war, aber noch in voller Gesundheit stand.
[= Ernst Hug,
ein Hilfswaldhüter]
Aber wenn er uns kommandierte, tat es nicht auf böse Weise. Nein,
er ging nicht böse mit uns um. Es war sogar so, dass er ganz
zufrieden war, wenn er sah, dass die Flugzeuge die Eisenbahnlinie
angriffen. Er sagte: „ Das sind die Allierten!“. Er war ganz zufrieden,
wenn er die Flugzeuge sah...
Ich glaube nicht, dass wir für die Stadt gearbeitet haben, es war
für den Staat. Das waren Forstbeamte, die Forstverwaltung...
Wir haben immer im Wald gearbeitet, vom November bis zum April.
Ich hatte einen Unfall beim Baumfällen. Da war ein großer
Zweig und dann habe ich den Zweig unter dem Baum abgesägt, dabei
hat sich der Baum gedreht und ein Zweig hat mich am Rücken
getroffen. Ich hatte auf dem Rücken eine Prellung.
Beim Arzt haben sie mich ganz gut empfangen, ich wurde geröntgt
zusammen mit zivilen Deutschen. Ich hatte einen Arzt wie die Deutschen,
das war die allgemeine Röntgenabteilung. Ich wurde geröntgt,
der Arzt hat mich angesehen, und er hat zu mir gesagt: Sie müssen
weiterarbeiten. Sie müssen arbeiten.
Und es war kalt... Der Neckar war zugefroren. Manche haben ihn zu
Fuß überquert. Aber ich habe ihn nicht überquert, denn
ich habe dem Eis nicht getraut.
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Wir konnten da im Wald keine Feuer machen. Das, worunter wir am
meisten gelitten haben, das war die Kälte.
Wir haben nie Kleider bekommen, nichts. Keine Handschuhe. Wir hatten
immer eiskalte Hände.
Aber wir arbeiteten nicht viel. Die Deutschen wollten es: man sollte
immer arbeiten, immer. Man durfte nie die Hände in die Taschen
stecken. Ihr Prinzip war: Man musste immer arbeiten. Sie verlangten,
dass man so viel wie möglich arbeitete, dass man ununterbrochen
arbeitete. Aber ich habe trotzdem nicht viel gearbeitet.
Ehemaliges Hotel Haarlass, direkt am Neckar
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Andere Zwangsarbeiter
Aber aufs Ganze gesehen waren wir nicht schlecht dran. Die Franzosen
waren bei den Deutschen gut angesehen, besser als die Russen oder die
Polen und alle die Leute aus dem Osten, die waren schlecht dran. Mitten
bei Luftalarm waren sie draußen. Denn die Eisenbahnlinien wurden
immer bombardiert, sie mussten aufrecht gehen und gehen, um die
Schienen zu reparieren während die Flugzeuge kamen, während
wir in Deckung gehen konnten. - - - |
Am Kriegsende
Wir haben sogar die Gewehre in den Baracken versteckt, ihr seht, dass
sie Vertrauen in uns hatten. Wir waren keine Halunken, wir waren wie
ihr..
Wir haben also die Gewehre versteckt, Jagdgewehre, die Gewehre der
Förster haben wir in der Jägerbaracke unter dem
Fußboden versteckt, damit die Amerikaner sie nicht bekamen. Sie
hatten also schon ziemlich Vertrauen in uns.
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