Zwangsarbeit im Rhein - Neckar - Raum. Ein Projekt an der IGMH

  


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Leimen

 

 

René Fixaris



  

 

Geb.1925
Wohnte 1944 bei seinen Eltern in Fenneviller bei Badonviller



Musste im Zementwerk Leimen arbeiten

Lager: Baracken auf dem Betriebsgelände

 


Beruf nach 1945: war Besitzer eines Steinmetzunternehmens

René Fixaris vor seinem Haus

 

 

 

Gedenktafel in Pexonne mit den Namen der Ende August 1944 in Konzentrationslager verschleppten und dort verstorbenen Männer des Dorfes.

 

 

 

Die Razzia am 7.November
Und als unsere berüchtigte Razzia im November war, wurde ich mit meinem Vater verschleppt in die Kirche von Pexonne. Wir waren dort in der Kirche. Mein Vater war  auch mitgenommen worden. Er wollte dann im Wald arbeiten.

Dann kamen wir in die Schule von Badonviller. Von dort gingen wir nach Cirey s Vézouse und dann zu Fuß weiter nach Hemingen, dort sind wir in den Zug verladen worden.

 

Vor der Verschleppung

Ich wohnte in Fenneviller bei meinen Eltern. Mein Vater hat in der Fayencerie von Pexonne gearbeitet. Als da im September die große Razzia war, wo alle Männer von Pexonne in Konzentrationslager verschleppt wurden ( als Gegenschlag gegen eine Widerstandsaktion), da sollte auch mein Vater abgeholt werden. Er war im 1.Weltkrieg Soldat in der der Reichswehr gewesen, sprach gut deutsch, er hat das mitbekommen. So hat er sich in der Fayencerie versteckt und sie haben ihn nicht gefunden.

Bei dieser Vergeltungsaktion wurden alle Männer von Pexonne in Konzentrationslager verschleppt, nur ein Drittel kam zurück.

 

 

 

Verschleppung nach Heidelberg
Wir waren lange unterwegs, denn es gab schon unterbrochene Verkehrswege. Schließlich haben wir den Rhein zwischen Mannheim und Ludwigshafen überquert, das war eine provisorische Brücke.
Als wir in Heidelberg angekommen waren, hieß es: „Rechts um!“ und wir wurden in eine  Art große Schule gesteckt. Wir wurden aufgeteilt, die in den Wald kamen, die zu den Bauern und die in die Fabrik. Diese Aufteilung war wie ein Viehmarkt: Man bekam ein Etikett an die Jacke befestigt: „Ziel Lager Leimen, Zementwerk.

 

 

Das Lager
Wir wohnten in Baracken mit Pritschen, Stockwerkspritschen. Ja, das war auf die Dauer hart. Es gab keinen Tisch und keine Stühle, wie ich glaube. Wir saßen immer auf den Betten. Der deutsche Lagerchef, das war ein Nazi, ich weiß seinen Namen nicht mehr, der ging mit dem Hakenkreuz auf und ab. Er hatte eine Armbinde mit dem Hakenkreuz. Er ließ uns aus der Baracke heraustreten...
Das Lager war von einer Betonumfriedung umgeben, darin die Baracken etwa fünf oder sechs, daneben war der Bunker. Es gab einen Steg über die Straße ins Werk. Wenn wir Zeit hatten, spielten wir Karten, ich habe allerdings nicht viel gespielt.

Manchmal gingen wir ins Zentrum der Fabrik, wo es Duschen gab. Da waren die großen Koksöfen der Zementproduktion, sie gaben warmes Wasser ab, wo man sich waschen konnte.
F: Sie hatten also kein Ungeziefer?
Nein, ich denke nicht, wir hatten keine Flöhe.
Wir haben sonntags nicht gearbeitet. Am Sonntag beschäftigten wir uns, spielten Karten, wir blieben in der Baracke.


Von René Fixaris in Leimen erstellte Liste über
die "Stube Nr. 68" des Fremdarbeiterlagers des Zementwerks.

Die Liste enthält 17 Namen.  


 

Arbeit
Dort war ich dann die ganze Zeit bis zur Befreiung durch die Amerikaner. Das war hart, man arbeitete auch nachts. Wir haben Türmchen für Plattformwaggons gegossen, in die Flakgeschütze eingebaut wurden. Essen gingen wir in die Kantine und kamen wieder. Viele arbeiteten nachts.
Ich kannte einen deutschen Chef, der aus der Gegend von Straßburg war, dem habe ich gesagt: „Ich will nicht mehr schaffe“ (wörtlich ). Er sagte zu mir: „Dann kommen Sie ins Lager!“ Ich wusste ja nicht, dass es KZs gab. Der war der Personalchef, für die Ausländer, zuständig vor allem für die, die in den Baracken untergebracht waren. Da gab es Russen, ukrainische Frauen, Badoglio - Italiener, alle auf dem gleichen Gelände, aber nicht in der gleichen Baracke.
Ich war damals 19 und hatte einen kleinen Vorteil: (wörtlich) „Ich hab ein wenig Deutsch können sprechen.“ Deshalb habe ich nicht in der Fabrik arbeiten müssen, sicher einige Male schon. Mir war der Stubendienst zugeteilt, ich hatte für die Baracke zu sorgen, saubermachen, reparieren...

 

Ausschnitt aus der von René Fixaris in Leimen erstellte Liste 

Freiräumen der Straßen

Sicher haben wir manchmal unter der Kälte gelitten. Im Winter 44/45 hatte es sehr viel Schnee. Wir gingen zum Freiräumen der Straßen in Leimen. Einmal haben sie uns auch nachts fortgeführt nach einem Bombardement. Da hatten die Alliierten eine Bahnhof bombardiert, das war nicht so weit von Leimen entfernt. Wir gingen hin, es war da eine Chemiefabrik, Farben, die war getroffen. Die Fabrik brannte. Uns brachte man natürlich bewacht dorthin, um die Eisenbahnlinie zu reparieren. Die Flugzeuge hatten ihr Ziel gut getroffen, die Schienen waren durcheinandergeworfen. Vielleicht war das in Bruchsal.
 Zum Freiräumen der Straßen, das war kalt damals, das war in Leimen. Aber wir gingen auch bis Neckargemünd, Neckarsteinach, um die Straßen frei zu räumen, wie ich mich erinnere.

Befreiung
Wir sind am 31 März von den Amerikanern befreit worden. Wir haben uns in der Fabrik versteckt, sind aus den Baracken abgehauen, weil einige Granaten darauf fielen. In der Zementfabrik gab es Tunnels, wir sind in die Tunnel gegangen. Als wir herauskamen waren wir voller Zementstaub.
 Wir kamen nach Heidelberg und sind dann von amerikanischen Jeeps repatriiert worden, ich über St.Avold. In Heidelberg waren wir in einer Schule gewesen, frei beweglich. Ich bin nie nach Leimen zurückgekehrt.

 

 

 

Kontakte mit anderen Ausländern und den Deutschen

Es gab mehr Ausländer als Deutsche, die Fabrik lief fast ganz auf Grund der Ausländer.  Wir haben uns schließlich mit den (ehemaligen) französischen Kriegsgefangenen verbünden können. Es ist uns gelungen, manchmal nach außen zu kommen. Diese Gefangenen waren mehr an die Lage gewöhnt, das war fast ein wenig ihre Stadt. Sie sagten zu uns: „Komm mit, wir gehen in die Kneipe nebenan, wir werden ‚Moscht’ trinken!“ Normalerweise waren wir auf dem Fabrikgelände eingesperrt, aber wir wussten trotzdem, wie man rauskam.
Es gab viele Luftalarme, weil Mannheim und Ludwigshafen so nahe waren, das hörte man manchmal. Wir gingen in den Bunker, aber oft war er voll. Dann hieß es: „Es ist voll, geht weg!“ Sie ließen uns auf dem Boden draußen... .Manchmal gelang es uns ,etwas bei den Einwohnern Leimens zu besorgen, nicht oft. Wir waren nicht unglücklich, aber wir konnten uns nicht frei bewegen wie andere Gruppen von Vogesenleuten. Es gab in der Gruppe, die zwischen Leimen und Heidelberg bei der Fuchs-Waggonfabrik arbeiteten, einen der Bäcker von Beruf war. Er arbeitete auf dem Friedhof. Als Bäcker arbeitete er am Ofen, wo die Einäscherungen gemacht wurden. Er konnte sich frei bewegen. Er ist zurückgekommen, das war Herr Cotel aus Ancerviller.
Am Ende ist es uns gelungen Kartoffeln zu beschaffen, aber andere Sachen nicht. Man behalf sich, wir hatten ein wenig die Bevölkerung kennengelernt. In den letzten Tagen sind wir sogar zum Friseur gegangen.

 

 

Bernard Guéry


aus Neuviller bei Badonviller, geboren 1926

Zwangsarbeit im Zementwerk Leimen, dann in Köln bei Bombenräumung

Beruf nach 1945: Tierarzt, Chaource

Ich wurde nach Heidelberg gebracht und musste in Leimen arbeiten. Und dann ganz schnell, drei Wochen danach, wurde ich weggebracht.  

Ich war im Zementwerk Leimen, dort waren wir dreißig oder vierzig. Ich war aus Neuviller bei Badonviller und Leute von dort waren mit mir zusammen.
In Leimen waren wir in einer Holzbaracke, eine Baracke wie es sie haufenweise in den Lagern gab. Das war innerhalb des Zementwerks.
Ich habe dort im Zementwerk mit einer polnischen Deportierten zusammengearbeitet, die eine Jurastudentin war und die die Eisendrähte in S-Form drehte. Diese Drähte dienten mir als Armierung für die Betonplatten, welche ich herstellte usw.

Eines Tages hat man mich mit zwölf andern heraustreten lassen, es waren junge und alte dabei. Dann sind wir mit dem Zug nach Düsseldorf gefahren. Ich war damals 18 Jahre alt.
Ich weiß nicht, warum ich damit bestraft wurde, den ich hatte nichts gemacht. Ich begriff das als Strafe, weil ich von da an von bewaffneten Männern bewacht wurde.
Ich kam nicht alleine von Leimen weg, sondern mit anderen Vogesenleuten, die ich vorher nicht kannte. Ich wurde also schnell von meinen Bekannten getrennt, ich wurde nach Köln gebracht, um dort Aufräumungsarbeiten zu machen, Straßen frei räumen usw.