Zwangsarbeit im Rhein - Neckar - Raum. Ein Projekt an der IGMH

         


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Tagebuch Andersen 1

     

 

   

Hubert Andersen

Tagebuch aus Mannheim, 1.Teil

 

 

Geboren 20.11.1927 in Saint -.Dié.        

Tätigkeit 1944: Student an der ENP in Epinal

 

 

   
 
1944 - ?
Reise nach Deutschland...!!

Mittwoch 8.November 1944
9 Uhr Sammeln an der Kaserne  [in Saint-Dié]
12.30 Uhr Abmarsch von der Kaserne, die Straße entlang zu Fuß nach Lesseux, Ankunft an der Fabrik in Lusse um 15 Uhr. Es regnet. Wecken um 23.30
Donnerstag 9.November
0.30 Abmarsch, Ziel unbekannt, es regnet. Verladen in einen Zug. Durchfahrt durch Straßburg um 6 Uhr 15. Die Moral ist gut, trotz der Kälte im Wagen. Ziel unbekannt.
Durchfahrt Rastatt um 8 Uhr, immer noch sehr kalt
9 Uhr Durchfahrt Muggensturm - 9.10 Uhr Malsch, dann Bruchhausen
10 Uhr Alarm - Halt bis 10.30 Uhr  - 11 Uhr Ettlingen, 2.Alarm
12.30 Karlsruhe, Anblick von Schäden eines Bombenangriffs etwa 2 km entfernt
2 Uhr 10 Graben-Neudorf - 2 Uhr 20 Schwetzingen
3 Uhr 30 Ankunft in Mannheim

Carte d'Identité.
Personalausweis von Hubert Andersen, ausgestellt im Januar 1944 in Epinal.

    Wir steigen aus dem Zug aus, lustwandeln durch die Ruinen,  und wir  richten uns in einer halb zerstörten Schule ein (Diesterwegschule).
Es gab hier schon 47 Bombenangriffe auf die Stadt. Die Stadt ist voll von Franzosen und Ausländern. Erster nächtlicher Alarm.
Freitag, 10 November 1944

Aufstehen um 8 Uhr, Schlafquartier ist Saal 11, Häftlingsbetten, Pech: Läuse.
Frühstück: Kaffee, Margarinebrot.
Alarm - in den Schutzraum (Bunker)
Mittags: Rübensuppe.
Unsere Situation verbessert sich in Folge von Reparaturen.
Gehen ins Büro um uns bei Lanz anzumelden: berufliche Umschulung.
1.Ausgang in Mannheim

Diesterwegschule heute

    Samstag 11. November
Aufstehen 8 Uhr, freier Ausgang , Tour in die Stadt -
Gang über den Rhein Richtung Ludwigshafen (ziemlich groß).
Treffen zwei französische Gefangene, die uns in die Amicale einladen.
Nachmittags gehen wir hin. Das ist ein kleines Fleckchen Frankreich in Deutschland - Guter Empfang
Heimkehr Suppe, dann Bridge. Dann gehen wir schlafen.

Das war ein Essenbon vom 11.11.44. Wieso  er  diesen Bon  aufbewahrte, daran kann sich  Herr Andersen nicht  mehr erinnern. 

    Sonntag 12.November
Wir verbringen den Sonntag in der Amicale. Wir können nicht ausgehen, bevor die Reinigung beendet ist.
Zu Mittag essen wir ein "Stamm".
Nachmittags im Theater (= Kino).
Montag, 13. November
Aufstehen um 5 Uhr. Wir gehen in die Fabrik - Aussortierung - Eintritt in die Werkstatt - Junge Burschen und Mädchen - gutes Verhältnis - bis abends halb sechs
Dienstag, 14. November
2.Arbeitstag in der Fabrik, wenig Arbeit zu tun - der Meister kaum böse. Mittags eine Rübensuppe in der Fabrik - sicherlich nicht gut. Wiederbeginn der Arbeit, das ist von 7 Uhr bis 11.30 Uhr und von 12 Uhr bis 17.30, was 10 Stunden Arbeit macht und eine halbe Stunde Mittagessen.
Wir reklamieren Blaumänner und Holzschuhe. Die Hemden beginnen zu zerreißen.
Das Leben ist sehr traurig.
Dünne Suppe in der Schule. Als Trockenproviant ein Brot für 3 oder 4, ein Löffel Marmelade und ein Stück Wurst.
Man kündigt uns an, daß die Arbeit morgen nachts sein wird, von 6 Uhr abends bis 6 Uhr morgens, fünf Nächte in Folge.
Mittwoch: Weiter verrückte Arbeit, keine Änderung, nichts besser. Abends Alarm.
Amicale : ein Café mit einer Bühne für Orchester und Schauspieler, das  durch oder für die zivilen französischen Arbeiter (STO) eingerichtet worden war. Es lag im Stadtzentrum, vielleicht in S1 oder S2, nicht sehr weit vom UFA-Palast entfernt. .
"Stamm" ist ist das Stammessen, eine sehr, sehr einfache Mahlzeit, die man ohne Lebensmittelmarken bekam.

 

 

 

 

 

    Donnerstag 16.November
Man schläft bis 8 Uhr. Dann gehen wir in der Stadt spazieren.  Sehe nach Roger Erb, den ich nicht finde. Zurück zur Suppe, dann lege ich mich ins Bett. Dann bereiten wir uns darauf vor zur Arbeit zu gehen. Nach der Suppe um 6 Uhr Arbeit bis 6 Uhr. 1. Nachtarbeit  (für alle). Gute Suppe ohne Einschränkungen um halb zwölf

Freitag 17. November
Dann Arbeit bis 5.40 Uhr. Dann gehen wir heim, trinken den Kaffee und schlafen bis Mittag. Dann Suppe und wieder ins Bett. Der Tag geht monoton vorbei. Um 6 Uhr beginnen wir wieder zu arbeiten.
Samstag 18.November
Die Arbeit dauert bis 6 Uhr, dann Kaffee, und wir begeben uns zum Schlafen bis zur Mittagssuppe. Dann müssen wir wieder zur Arbeit um 12.30, aber zwei auf einander folgende Alarme führen uns von dort weg bis um 13.30 Uhr; kein Chef anwesend, wir machen eine halbe Schicht, dann gehen wir in die Stadt (Amicale), dann kehren wir heim, es gibt Suppe, danach eine "Bridge", d.h.das Bett
Am nächsten Tag, Sonntag, 19. November
Kaffee um 7 Uhr, Waschen, dann los auf der Suche nach Roger Erb, den wir ohne Mühe mit Hilfe seiner Adresse finden. Wir gehen mit ihm aus und kehren zurück zur Suppe um halb zwölf. Wir treffen ihn wieder am Nachmittag, indie Amicale. wir verbringen einen ausgezeichneten Nachmittag mit den Franzosen (Chansonprogramm, Orchester, halbes Bier).    Dann gehen wir ein "Stamm" - Essen am Bahnhof, denn an diesem Abend gibt es keine Suppe.
Das Leben ist hart - und ein furchtbarer Nesselausschlag hat mich befallen. Dann gehen wir heim, und wir machen ein Bridge, dann ins  Bett. "Gute Nacht!"

Roger Erb war ein Freund aus Saint-Dié, der dem Bäcker Hermann Kupferschmitt in R 7,36 zugewiesen worden war. Roger selber  war Bäckerlehrling.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

    Montag 20 N-
Die Woche beginnt ähnlich. Kaffee um 6 Uhr. Ein wenig normaler Geburtstag. Wir gehen zur Arbeit am Abend um 6 Uhr
Mitternacht: Suppe. Es regnet.
Dienstag 21. November
Morgens bis 6 Uhr bei Lanz, dann Kaffee, und wir legen uns für den Vormittag hin. Mittagessen. Dann am Nachmittag nehmen wir unsere Blaumänner und unsere "Holzschuhe" (im Original deutsch), die wir bald anziehen, und mit dem Abend zur Arbeit. Suppe und wieder Arbeit. - Keine Änderung.
Mittwoch 22 Nov
Ein Komitee wird organisiert, und Verbesserungen sind im Anlaufen.
Wir schlafen den ganzen Tag, stehen nur für die Mittagssuppe und die Arbeit am Abend auf.
Die abendliche Suppe hat sich ein wenig verbessert. Wir gehen zur Arbeit. Suppe um Mitternacht.
Donnerstag 23 Nov
Gleiche Sache - Arbeit - um 6 Uhr Tee, kein Kaffee mehr, dann schlafen wir bis Mittag, Suppe, Ruhe - dann Gesichtswäsche, Wäsche der Taschentücher und Suppe, und die Arbeit beginnt wieder bis zur Mitternachtssuppe
Freitag 24. Nov.
Die Alarme haben sich sehr aneinander angenähert - abends zur Arbeit, tagsüber Schlaf, der Tag verläuft immer gleich. -
Samstag 25.Nov.
Nachtarbeit beendet die Woche. Morgens gehen wir schlafen bis zum Alarm um 11 Uhr bis 1 Uhr. Nachmittags schlafen wir, machen unsere Arbeit, dann Alarm, und wir legen uns schlafen. Die Nacht ist unruhig (Flugzeuge).
Sonntag 25.Nov.
Wir gehen in die Messe um 8 Uhr, dann besuchen wir Roger Erb, neuer Alarm. Essen. Dann Spaziergang nach Rheinau. Rückkehr - Ewas essen und schlafen gehen.
Montag 27. Nov - Donnerstag 30.
Nachtarbeit. Das Gleiche setzt sich fort. Die Alarme sind etwas Alltägliches.

 

 

 

 


An diesem Tag wurde Hubert Andersen siebzehn!

 

Die Holzschuhe bestanden aus einer Holzsohle und einem Oberteil aus Stoff.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rheinau, Lager Düsseldorfer Straße. Hier war eine der größten Gruppen der Vogesen-Deportierten untergebracht.